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Welche Risikofaktoren für eine Überflutung gibt es?

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Überflutung: Welche Risikofaktoren gibt es?

Die jüngste Katastrophe hat auf ebenso deutliche wie bedrückende Weise gezeigt, wie vulnerabel, also angreifbar, Deutschland für Überflutungen ist. Dabei zählen Hochwässer, im Gegensatz zu beispielsweise Vulkanausbrüchen oder starken Erdbeben, auch bei uns zu den regelmäßigen Ereignissen. Damit aus einem solchen Naturphänomen jedoch eine Katastrophe wird, müssen viele Faktoren zusammenkommen. Eben das ist im Juni 2021 passiert und hat zu der bekannten Verwüstung geführt. Spätestens jetzt stellt sich die Frage, welche Umstände zu einer Überflutung führen und wie sich solche Geschehnisse in Zukunft verhindern oder wenigstens abschwächen lassen.

Bauliche Faktoren

Eine ganze Reihe baulicher Faktoren begünstigen Überflutungen, sowohl durch Starkregen als auch durch Hochwasser. Der wichtigste ist die Flächenversiegelung: Je mehr Böden durch wasserundurchlässiges Material abgeschirmt sind, desto weniger Fläche steht für die Versickerung von Regen oder die Aufnahme von Hochwasser zur Verfügung. Zu jenen zählen Bauwerke, Straßen, Wege und Parkplätze sowie alle anderen Untergründe, die durch Steine, Asphalt, Beton oder andere Materialien wasserundurchlässig sind.

Zugleich ist der Boden unterhalb dieser Flächen zumeist hochverdichtet, sodass er auch keine Flüssigkeit aus unbebauten Flächen in direkter Nachbarschaft aufzunehmen vermag. Durch intensive Bautätigkeit, insbesondere im Rahmen neuer, großräumiger Wohnbebauung mit im Verhältnis immer kleineren Gartenflächen, entsteht in vielen Gebieten ein erhebliches Risiko. Dies trifft nicht nur auf Lagen in der Nähe von Fließgewässern zu, sondern kann auch von durch Starkregen bedingten Überflutungen aus der Kanalisation ausgehen.

Bei Fließgewässern ist jedoch vor allem die Ufer- und ufernahe Bebauung von Bedeutung. Eine Versiegelung der Uferlinie, die sogenannte Verspundung, mit Metallwänden, großen, verbundenen Steinen oder Beton schützt diese vor Erosion durch Schiffsverkehr. Gleichzeitig verhindert sie jedoch auch, dass Wasser versickern oder von der Vegetation aufgenommen werden kann. Daher erhöht zunehmende Verspundung auch das Hochwasserrisiko. Das Gegenteil bewirken Retentionsflächen – Grünflächen wie Wald oder Wiese, die bewusst als Überflutungsgebiet dienen. Indem sich das Wasser ungehindert ausbreiten kann, entlasten sie andere Regionen.

Entscheidend ist auch der Untergrund

Ein wichtiger Faktor bei der Beurteilung des konkreten Risikos eines Orts ist auch dessen Untergrund. Wurde ein Bauwerk oder Infrastruktur auf instabilem Boden errichtet, beispielsweise Sand, kann dieser in Verbindung mit Wasser regelrecht „zerfließen“. Teilweise sind Dammstrukturen in New Orleans aufgrund dieses Effekts zerstört worden, auch bei den schweren Unwettern in Nordrhein-Westfalen wurden Häuser von unsicherem Grund gespült. Noch gefährlicher ist es, wenn in von Natur aus hochwassergefährdeten Bereichen gebaut wird: Auen, ehemalige Bachläufe, trockengelegte Altgewässer oder Altarme, also frühere Teile eines nahen Fließgewässers. Diese füllen sich im Falle von Hochwasser oder Grundwasserdruck durch Starkregen besonders schnell mit Wasser.

Geologische Faktoren

Ob und wie stark eine Überflutung ausfällt, hängt auch von geologischen Faktoren ab. Hauptsächlich wirksam sind Steilheit der zuführenden Gewässerläufe und deren Untergrund. Gerade im Falle von Starkregen bewirken steile Geländebedingungen einen extrem schnellen Wassertransport, der bei Starkregen rasch unkontrollierbare Ausmaße annimmt. Kommt, wie im jüngsten Fall insbesondere in der Eifel, undurchlässiger Untergrund hinzu, verstärkt sich dieser Effekt noch. Denn Materialien wie Schiefer oder Lehm verhindern das Abfließen von Wasser nach unten ins Flussbett, sodass ungewöhnlich große Mengen weiter unten gelegene Regionen erreicht. Gegenden, die im Einflussbereich solcher Fließgewässer liegen, sind daher gefährdeter als andere, auch wenn ansonsten ähnliche Umweltbedingungen vorliegen.

Meteorologische Faktoren

Geht es um Überschwemmungen, ist auch der Klimawandel sofort in aller Munde. Andererseits wird gerne geunkt, solche Extremereignisse hätte es immer gegeben, das sei Teil eines natürlichen Spektrums. Beides ist in gewisser Weise richtig. Tatsächlich gehören auch Starkregen und Hochwässer zum normalen Wetter. Entscheidend für die Risikobewertung unter menschlichen Gesichtspunkten sind jedoch Häufigkeit und Intensität dieser Ereignisse. Diese wiederum hängen mit der Klimaerwärmung, speziell mit dem durch sie bedingten Nachlassen des Jetstreams zusammen. Die Kraft dieser weltumspannenden Windströmung sorgt dafür, dass Hoch- und Tiefdruckgebiete nicht zu lange an einem Ort verweilen. Wenn die Strömung schwächer ist, kann es passieren, dass sich große Wettereinflüsse lange an einem Ort aufhalten. Im Falle eines Hochdruckgebiets resultiert daraus möglicherweise extreme Trockenheit und Hitze, im Falle eines Tiefdruckgebiets lang anhaltender Starkregen. Die Wassermengen überfordern getroffene Sicherheitsmaßnahmen und oft auch die – bisweilen unzureichende – Kanalisation und führen so zur Katastrophe.

Ob aus einem Starkregen oder Hochwasser auch eine Überflutung resultiert, hängt auch von den Wetterbedingungen der vorangegangenen Tage und Wochen ab. Hat es zuvor schon viel geregnet, sind die Böden bereits gesättigt, Flüsse und Bäche gut gefüllt – die Pegel erreichen schnell gefährliche Marken. Doch auch lang andauernde Trockenheit in Kombination mit Starkregen kann zum Problem werden: Extrem harte, ausgetrocknete Böden sind nicht imstande schnell Wasser aufzunehmen, daher kann es an der Oberfläche weiterfließen und zu Überschwemmungen führen.

Fazit

Um Überflutungen sinnvoll entgegenzuwirken, müssen ihre verschiedenen Einflussfaktoren begriffen und bekämpft werden. Dazu zählt unter anderem, auf Bebauung in gefährdeten Gebieten zu verzichten und stattdessen ausreichend Retentionsflächen einzurichten. Dabei muss weit gedacht werden: Beispielsweise können Sanierungen anstatt Neubauprojekten und Maßnahmen zur Verhinderung von weiterer Landflucht helfen, Ballungsgebiete zu entlasten. Ufer müssen, wo immer es schifffahrtstechnisch möglich ist, entspundet und Flächen entsiegelt werden. Schutzmaßnahmen wie Dämme, Rückhaltebecken und mobile Sperren, aber auch die Kanalisation müssen an die sich verändernde Situation angepasst werden. Am wichtigsten ist es jedoch, dem Klimawandel mit allen sich bietenden Möglichkeiten Einhalt zu gebieten. Denn sonst wird es immer häufiger und immer intensivere Wetterereignisse geben, die auch die Schutzmöglichkeiten früher oder später übersteigen.

Bild von Markus Distelrath auf Pixabay

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