Verpackungsmüll in Deutschland stark gewachsen
Laut einer Studie des Umweltbundesamt (UBA) ist der Verpackungsmüll in Deutschland in den letzten 20 Jahren um 23 Prozent gestiegen, beim Plastikmüll waren es sogar 79 Prozent. Dies ist besonders problematisch, weil die Recyclingquote von Plastikabfällen in Deutschland sehr gering ist. Ein Großteil des Plastik- und Kunststoffmülls wird hingegen „thermisch verwertet“, also schlecht verbrannt. Neben dem hohen Schadstoffausstoß bei der Müllverbrennung sorgen laut einem Artikel des Wissensmagazins ixoi.de Plastik und Mikroplastik, die in die Umwelt gelangen außerdem dafür, dass alle Flüsse in Deutschland mit kleinsten Plastikpartikel verseucht sind. Die Auswirkungen für die Flora und Fauna sowie den Menschen sind weitestgehend unerforscht.
226,5 Kilogramm Verpackungsmüll pro Person
Eine detaillierte Aufstellung des UBA zeigt, dass im Jahr 2017 insgesamt 18,7 Millionen Tonnen Verpackungsmüll anfielen. Dies entspricht 226,4 Kilogramm pro Person. Etwa die Hälfte davon wird direkt durch die Verbraucher erzeugt, der übrige Verpackungsmüll entsteht indirekt in der Industrie und im Gewerbe.
Laut einem Kommentar der UBA-Präsidentin Maria Krautzberger „verbrauchen wir viel zu viele Verpackungen.“ Krautzberger bezieht sich damit sowohl auf den Endverbraucher als auch die Industrie und den gewerblichen Sektor.
Recyclingquote bei Plastik geschönt
Bei Glas, Papier und Stahl liegt die Recyclingquote in Deutschland zwischen 84 und 92 Prozent. Offiziell wird laut dem UBA auch etwa 50 Prozent des Plastikmülls in Deutschland recycelt, während der Rest in der Müllverbrennung landet. Der Plastikatlas der in Kooperation zwischen der Heinrich-Böll-Stiftung (hbs), eine parteinahe Stiftung der Grünen, und dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erstellt wurde, kommt hingegen nur auf eine Recyclingquote von 15,6 Prozent bei Plastik und Kunststoff.
Verantwortlich für diese große Diskrepanz sind die unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen. Während das UBA alle Kunststoffabfälle, die bei einem Recyclingunternehmen angeliefert werden, auch in die Quote einrechnet, zählt der Plastikatlas nur tatsächlich wiederverwertetes Plastik und gibt damit ein wesentlich genaueres Bild der Realität.
Ebenfalls problematisch beim Plastikrecycling ist laut dem UBA die Beschaffenheit vieler Verpackungen, die oft aus Verbundmaterialien und mehreren verschiedenen Kunststoffarten bestehen und nur mit großem Aufwand sortenrein getrennt werden können. Wie Gerhard Kotschik vom UBA erklärt, „kann auch eine schwarze Farbgestaltung mit Rußfarbstoffen dazu führen, dass diese Kunststoffe in Sortieranlagen nicht erkannt werden können und nicht dem Recycling zugeführt werden können.“
Onlinehandel und Single-Haushalte für Wachstum verantwortlich
Als Gründe für die gigantische Zunahme beim Verpackungsmüll nennt das UBA neben dem Wirtschaftswachstum auch den Onlinehandel sowie die Zunahme von Seniorenhaushalten, Single-Haushalten und kleineren Haushalten, die durch ihre kleineren Verpackungseinheiten relativ gesehen mehr Müll erzeugen. Außerdem sind verpackungsintensive To-Go Getränke, Fast-Food und Fertiggerichte eine Quelle, die in den letzten 20 Jahren massiv gewachsen ist.
Krautzberger vertritt daher die Ansicht, dass „es meist nicht ausreichend ist, um Umweltbelastungen durch Verpackungen deutlich zu verringern, bei Einwegverpackungen nur andere Materialien zu verwenden.“ Stattdessen empfiehlt die Expertin „Mehrwegverpackungen zu nutzen, weniger Verpackungsmaterial einzusetzen, die Verpackungen weniger aufwändig zu gestalten und gleichzeitig an die Recyclingfähigkeit zu denken.“ In der Praxis wird laut ihr jedoch häufig das Gegenteil umgesetzt und auch Produkte wie Zahnpastatuben, die eigentlich keine Verpackung benötigen, werden nochmal in einem Karton eingepackt.
Neues Verpackungsgesetz
Um das immer größere werdende Plastikproblem zu lösen, hat die Bundesregierung ein neues Verpackungsgesetz verabschiedet, das am 1. Januar 2019 in Kraft getreten ist. Das Gesetz soll die Recyclingfähigkeit von Verpackungen erhöhen und dafür sorgen, dass Mehrwegverpackungen verstärkt eingesetzt werden. Außerdem wurde die Recyclingquote ab 2019 gesetzlich auf mindestens 58,4 Prozent festgelegt, ab 2020 sollen es sogar 63 Prozent sein.
Bio-Plastik auf Lebensmittelabfällen
Hoffnungen macht auch die Wissenschaft, die an biobasierte Plastikalternativen forscht. Laut einer Publikation im Fachmagazin Applied Catalysis B: Environmental ist es Forschern der Institute of Physical Chemistry of the Polish Academy of Sciences beispielsweise gelungen, Bio-Plastik aus Resten der Lebensmittelproduktion wie zum Beispiel Apfelschalen zu erzeugen. Der durch die thermische Zersetzung gewonnene Grundstoff Hydroxymethylfurfural (HMF) hat gegenüber herkömmlichen Plastik aus Erdöl den Vorteil, dass er in der Natur deutlich schneller verrottet als konventionelle Polymere. Anstatt mehrere hundert Jahre würde eine Flasche also bereits nach wenigen Jahre „verschwinden“.
Problematisch bei der Produktion war bisher jedoch, dass die Umwandlung des aus den Abfällen erzeugten HMF in das benötigte 2,5-Diformylfuran (DFF) nur unter hohen Temperaturen mit sehr komplexer Technik möglich war, was die industrielle Produktion zu unwirtschaftlich machte. Das nun vorgestellte Verfahren ermöglicht jedoch die Produktion bei normalem Atmosphärendruck und unter normalen Temperaturen. Möglich wird dies Nanostäbchen aus Mangandioxid (MnO2), die durch eine photokatalytische Reaktion HMF in DFF umwandeln. Nötig sind dafür lediglich Sauerstoff und eine LED-Leuchte im UV-Bereich.
Die Wissenschaftler wollen nun ihre vielversprechende Methode weiter optimieren und zum Patent anmelden, um zukünftig zusammen mit Partnern aus der Industrie umweltfreundliches Plastik herzustellen und das Müllproblem auf unserem Planeten zu verringern.
Bilder: pixabay.com und Umweltbundesamt
Matthias ist seit 1999 gewerblich als Blogger im Internet unterwegs und hat in diesen nunmehr 20 Jahren über hundert Projekte realisiert. Seit einiger Zeit liegt sein Fokus auf den Themen Verbraucher, Demografie und Nachhaltigkeit.
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